In
Vorarlberg kennt man ihn noch heute unter der Bezeichnung „Zimbapfarrer“, jenen
Geistliche, dessen bedeutendste Wirkungsstätte in der zu Feldkirch gehörenden
Fraktion Tisis lag, der mit seiner Bergbegeisterung und seinen über 400
Besteigungen des „Vorarlberger Matterhorns“, der Zimba, landauf, landab zur
Berühmtheit geworden war: Gebhard Wendelin Gunz.
Gebhard
Wendelin Gunz wurde am 15. November 1881 in Altach als Sohn eines Lehrers
geboren, wo er die ersten Jahre seines Lebens verbrachte. Er wuchs später in
Nüziders auf, wo sein Vater eine Schulleiterstelle innehatte, besuchte als
kluger Junge das Gymnasium in Feldkirch und studierte im Anschluss zuerst
Naturwissenschaften in Graz. Später entschied er sich, einer inneren Berufung
folgend, Priester zu werden und trat in das Priesterseminar in Brixen ein. 1906
hielt er seine Primiz in Nüziders, würde später Seelsorger in Gisingen, Göfis
und Altach. Im ersten Weltkrieg diente er als Feldpriester an der Südfront gegen
Italien. 1919 wurde er schließlich Pfarrer von Tisis, das damals noch eine
selbständige Gemeinde war (erst 1925 wurde sie Teil von Großfeldkirch) – ein
Posten, den er bis zu seinem Tod innehatte.
Neben
seinen seelsorgerlichen Tätigkeiten waren es vor allem zwei Bereiche in denen
sich Gunz große Verdienste erworben hat: 1.) in der Heimatkunde und 2.) in der
Alpinistik.
Zu
Lebzeiten gehörte Gunz zu den herausragendsten Kennern sowohl der Geschichte
als auch der Geographie des Landes Vorarlberg. Schon in frühester Jugend war er
ein begeisterter Bergsteiger und machte so manche Erstbesteigung, vor allem im
Bereich er Silvretta, die Vorarlberg, Tirol und das Schweizerische Graubünden
verbindet. Sein absoluter Lieblingsberg war und blieb die Zimba, jener wunderschöne
2645 Meter hohe Berg im Rätikon zwischen Brand und Vandans. Gunz fühlte sich
mit dem Berg, den er 1908 zum ersten Mal bestieg, nach eigenen Angaben, wie auf
ewig verheiratet. Bis kurz vor seinem Tod hat er ihn mehr als 400 Mal bestiegen
und das zu jeder Tages- und Nachtzeit, im Sommer, wie auch im Winter. Auf
Betreiben von Gunz wurde auf der Zimba auch das erste Gipfelkreuz errichtet, eine
damals noch sehr beschwerliche Angelegenheit, da es noch keine Helikopter zum
Materialtransport gab und alles Material manuell auf den Gipfel gebracht werden
musste. Nach Ende des Zweiten Weltkrieges zeichnete sich Gunz durch besondere
Hartnäckigkeit aus, indem er die französische Besatzung dazu brachte alle
Alpenvereinshütten in Vorarlberg, die beim Einmarsch allesamt beschlagnahmt
worden waren, wieder freizugeben (damit war Vorarlberg das erste Bundesland in
dem solches geschah). Von 1945 bis 1956 war Gunz Obmann des Österreichischen
Alpenvereins – Sektion Vorarlberg.
Bekannt
wurde Gunz aber auch dadurch, dass er als sehr leutseliger Mitbürger, seine
Mitmenschen an seinen Bergabenteuern reichlich teilhaben ließ. So veranstaltete
er im ganzen Land unzählige Dia-Vorträge, in denen er über seine Gipfelsiege
und die Vorarlberger Bergwelt auch den Städtern und weniger bergsteigerisch
ambitionierten Leuten einen Einblick in die Schönheit dieser wunderschönen
Freizeitbeschäftigung gab.
Die
zweite Große Leidenschaft bestand für Gunz in der Heimatkunde und dabei
besondern in einigen wichtigen Sammlungen. So stammt ein großer Teil der
Waffensammlung in der Schattenburg in Feldkirch aus der Privatsammlung von
Pfarrer Gunz, die dieser dem Museum vermacht hatte. Auch hat sich Gunz als
Heraldiker im Ländle einen Namen gemacht. Er setzte sich zeitlebens für die
Erhaltung historischer Bauten und Sammlungen ein. So ist es seinem unablässigen
Bemühen zu verdanken, dass die Tostner Burg nicht dem Verfall preisgegeben
wurde (als Obmann des Heimatkunde und Museumsvereins Feldkirch war ihm dies ein
großes persönliches Anliegen). Auch während des NS-Regimes setzte sich Gunz
ganz besonders für die Schattenburg und deren Sammlungen ein, die ansonsten
wohl als „Plunder“ ein übles Schicksal erlitten hätten. Auch gegenüber den
Franzosen konnte Gunz sehr entschieden auftreten und Wertvolles aus der
Geschichte retten, was ansonsten wohl unwiederbringlich verloren gegangen wäre.
In der Zwischenkriegszeit und auch nach dem Zweiten Weltkrieg erschienen
zahlreiche Publikationen von Gunz, die teilweise große Beachtung fanden und
womit er sich einen Namen in der Vorarlberger Landesgeschichte machte.
Gunz
war ein sehr menschenfreundlicher Geselle, der sich leicht Zugang zu den Herzen
der Menschen verschaffte, ein äußerst mutiger und fleißiger Gelehrter, der
selbstlos im Dienste seiner Mitmenschen und seiner Heimat stand. Zudem
verschaffte ihm sein ehrliches und geradliniges Wesen den Ruf eines „körigen“
Mannes, was in Vorarlberg schon beinahe einem Adelsprädikat gleichkommt.
Pfarrer
Gunz starb am 14. Juli 1956 in Schruns-Gauenstein, im Alter von 75 Jahren. Seine
Beerdigung auf dem alten St.-Michaels-Friedhof in Tisis wurde zu einem
landesgeschichtlichen Ereignis. Mit über 3000 Besuchern erreiche der Trauerzug
eine Länge, die man nur bei ganz wenigen Beerdigungen in Feldkirch jemals
gesehen hatte. Im Herzen und in der Erinnerung vieler Vorarlberger lebt der
„Zimbapfarrer“ bis heute fort, auch wenn die Zahl der Menschen, die ihn noch
persönlich gekannt haben, freilich immer geringer wird.
Heuer
im Juli jährt sich sein Todestag zum 60. Mal. Und auch wenn wir längst in einer
anderen Zeit leben, in der die technische Ausrüstung am Berg einen ganz anderen
Standard erreicht hat, als zu Gunz’ Zeiten, so ist doch auch heute noch in den
Bergen der Mensch selbst der wichtigste Faktor. Denn auch die beste Ausrüstung
kann mangelnde Erfahrung und körperliches Können nicht wettmachen. Pfarrer Gunz
hat beides in beeindruckendem Maße besessen und ist den Bergfexen von heute
noch immer in vielerlei Hinsicht ein Vorbild. In diesem Sinne möge so mancher
von uns, wenn er auf dem Gipfel eines stolzen Berges steht, des Pfarrer Gunz’
gedenken und so manchen Dank aussprechen für die Leistungen, die er für die
berg- und heimatliebende Gemeinde im Laufe seines Lebens erbracht hat.
Euer
Bergfuchs