Das Abbrennen
von sogenannten „Funken“, ist ein alter alemannischer Brauch und ist im ganzen
Land Vorarlberg verbreitet, zudem ist er seit einigen Jahren von der UNESCO als
Weltkulturerbe anerkannt. Bei einem Funken handelt es sich um einen mehr oder
weniger kunstvoll und in verschiedenen Bauweisen (z.B. vier- oder achteckig)
aufschichteten Holzturm, der in der Regel eine Höhe zwischen 15 und 30 Metern
erreicht. In jeder Vorarlberger Gemeinde befindet sich eine „Funkenplatz“, das
ist eine freie Fläche im oder in der Nähe des Ortsgebietes, wo das hier
beschriebene volkstümliche Spektakel, jeweils am Samstag oder Sonntag nach dem
Aschermittwoch stattfindet. Mit dem Funkensonntag endet der Fasching (früher tanzte
man nach dem Funkenabbrennen noch die „letzten Drei“, bevor die Fastenzeit endgültig
begann).
(Tisner Funken - 16. Feb. 2013)
Der Bau eines
Funken ist eine Kunst für sich und darf nur von den davon „besonders
qualifizierten“ Personen ausgeführt werden. Heutzutage wird meist sehr
trockenes Abbruchholz zum Bau der Funken verwenden, wodurch der Abbrand sehr
rasch und sauber erfolgt. Dies soll aber nicht immer so gewesen sein.
Böse Zungen
behaupten, dass noch vor einigen Jahrzehnten Funken dazu benützt worden seien
übers Jahr angesammelten Müll zu verbrennen. Es hätten sich sogar Autoreifen,
alte Möbel und dergleichen zwischen den vertrockneten Christbäumen der
Weihnachtszeit gefunden, mit denen der Funken im Inneren gefüllt wird. Solches
würde man in unserer Zeit natürlich niemals tun.
(Tostner Funken - 17. Feb. 2013)
Das Zentrale
am Funken ist in jedem Fall die „Funkenhexe“, die auf der Spitze des Funkens
angebracht und mit reichlich Explosionsmaterial gefüllt ist. Sobald das Feuer
nun diese, meist etwa lebensgroße Stoffpuppe, erreicht, kommt es zum Tod der
Hexe durch Explosion, was sinnbildlich das Austreiben des Winters darstellt. Dies
ist ein ganz besonders wichtiges Ereignis und jede „Funkenzunft“ (das ist die
örtliche Gemeinschaft, die für das Errichten und der Organisation des ganzen Events
verantwortlich ist) legt größten Wert darauf, denn sollte der Funken nicht
abgebrannt werden können (etwa aufgrund der Witterungsumstände), brennt er
schlecht ab oder fällt (zu früh) um oder explodiert die Hexe etwa nicht, dann
wird dies als eine große „Schande“ empfunden. Für diesen Fall gibt es eine „Beerdigung“
der Hexe, ein Trauerfall sondergleichen für das ganze Dorf.
In früheren
Zeiten soll es vorgekommen sein, dass sich im Schutze der Dunkelheit (meist in
der Nacht) Gestalten aus dem Nachbardorf herangeschlichen hätten, um den Funken
vorzeitig abbrennen zu lassen und damit die Gemeinde zu blamieren. Daraufhin
wurde eine strenge Funkenwache eingerichtet, um einem solchen „Anschlag“
vorzubeugen.
(Harmoniemusik Tisis-Tosters beim Tostner Funken am 17. Feb. 2013)
Im Anschluss
an das Abbrennen des Funkens hat es sich eingebürgert, dass (meist von der
örtlichen Feuerwehr) ein Feuerwerk veranstaltet wird. Dazu ist zu bemerken,
dass die Professionalität dieser Feuerwerke im Laufe der Zeit stark zugenommen
hat. Man merkt, dass pyrotechnische Experten am Werk sind. Sicherlich hat auch
die Technik ihres dazu beigetragen, dass die Koordination der Raketen und
Böller ein höheres Niveau erreichen konnte.
Eine
Entwicklung der letzten Jahre, die an vielen Orten beobachtet werden kann, ist
das Aufstellen von Kinderfunken. Dabei handelt es sich um kleine von Kindern
errichtet Funken, die vor dem Abbrennen des „großen“ Funkens erfolgt, nachdem
zuvor eine Fackelausgabe an die Kinder erfolgte.
Was das leibliche
Wohl betrifft, so ist dieses beim Funken auch noch nicht zu kurz gekommen. Neben
Wurst, Brot, Bier, Glühwein und Tee, gibt es vielerorts auch die traditionellen
„Funkaküachle“. Dabei handelt es sich meist entweder um „Polzerzipfel“ oder „Apfelküachle“,
beides Gebäck, das in Fett (im besten Fall in Schmalz) herausgebacken wird und
ausgezeichnet schmeckt.
Sage
Zur geschichtlichen
Erklärung sei hier eine Sage angefügt, die ich bereits auf meinem Literaturblog
(olivermaerk.blogspot.co.at) veröffentlich habe:
Die folgende Geschichte ist eine freie Fassung der
Legende der Jahre 1405/1406, als die Bauern in Vorarlberg angeblich die Burgen
ihrer Zwingherren stürmten und in Brand setzen. Demzufolge geht der
einheimische Brauch des Funkenabbrennens (eine Art hoher Turm aus aufgeschichtetem
Holz, der in jeder Gemeinde des Landes errichtet wird) und des Backens von
„Küachle“ am ersten Sonntag nach dem Aschermittwoch auf dieses Ereignis zurück.
Historisch wahrscheinlicher sind jedoch kriegerische Auseinadersetzung mit den
Appenzellern. Die Tostnerburg wurde jedenfalls von diesen im Jahre 1405 mit
Hilfe von damals modernstem Belagerungsgerät angegriffen und zerstört.
Die hier vorliegende Geschichte ist eine freie Schöpfung
des Autors und dient der humorvollen Unterhaltung. In diesem Sinne sollte der
nun folgende Text auch gelesen werden.
Küachlesonntag
Ein strenger, schneereicher aber kurzer Winter hatte sich
dem Ende zu geneigt und war in einen milden, zartgrünen Lenz übergegangen, der
die jungen Triebe bald sprießen und frisches neues Leben auf Wald und Flur
prächtig sich entfalten ließ. Die Bauern schwitzten wieder auf den Feldern und
tief grub sich der Pflug, vom Ochsen gezogen, in den feuchten Ackerboden. Die
Saat wurde der Erde übergeben und die braven und fleißigen Bewohner des
breiten, vom Rhein durchzogenen Tales, gaben ihrer Hoffnung auf eine reiche
Ernte Ausdruck. Arbeitsam waren sie die Menschen dieses Landstriches, und es
gelang ihnen mehr aus dem Boden heraus zu holen, als dies die größten
Optimisten erwarten konnten, denn durch übergroße Fruchtbarkeit zeichnete sich
die Gegend am Ausgang der Alpen, die sich zum Bodensee hin öffnet, nicht gerade
aus. Ganz anders als im Schwabenland, mit seinen üppigen Obstgärten und
Getreidefeldern, mussten die Bauern im Vorarlbergerischen schwer arbeiten, um
es zu bescheidenem Wohlstand zu bringen. Und doch gelang es ihnen Scheffel auf
Scheffel anzuhäufen und die Kornkammern waren bald bis zum Rand gefüllt mit dem
Gold des Landes.
Nun war es aber in diesem Lande so, dass auf den Anhöhen,
die sich teils an den Ausläufern der Berge, teils auf selbständigen Erhöhungen
in der Ebene erhoben, Zwingherrn in
ihren düsteren, dick gemauerten Burgen hausten und das Volk mit schweren
Steuern belasteten. Was der Bauer im Schweiße seines Angesichts buchstäblich
aus dem Boden heraus gestampft hatte, wurde von diesen noblen Herren abgepresst,
und wer sich nicht unterwarf, dem wurde die eiserne Faust bald zum bitteren
Verhängnis. Als die Last zu Beginn des fünfzehnten Jahrhundert gar zu groß
wurde, kochte der Volkszorn derart hoch, dass sich die Bauern aus dem ganzen
Land in einem Wirtshaus in Rankweil trafen, um dort zu beratschlagen, was man
denn tun konnte, um sich der drückenden Herrschaft zu entledigen. Bald
kristallisierten sich zwei Lager heraus. Das eine, angeführt von den Bauern des
unteren Rheintales, plädierte für eine vermittelnde Lösung. Sie hielten es für
das Klügste mit den Burgherren in Verhandlungen zu treten und an deren Verstand
zu appellieren. Und sollte damit kein Erfolg zu erzielen sein, so würde man
noch immer zum letzten Mittel, dem Gefühl für die christliche Nächstenliebe,
greifen können. Die andere Partei, angeführt vom Schoppernauer Bauern Jodok
Moosbrugger, hielt von derartigem Vorgehen nichts. Die „großkopferten“ Grundherren
seien noch nie auf solches Betteln und Flehen eingegangen und überhaupt hätte
man ja auch als einfacher Bauersmann seinen Stolz und deshalb sei die Axt einem
in solchen Angelegenheit auch allemal näher als der Olivenzweig. Auch der
Pfarrer von Frastanz, Severin Wasserträger, sprach sich für die radikalere
Lösung aus und hielt eine Brandrede, die ihresgleichen suchte. „Dürfen wir es
zulassen, dass der gute und fromme Bauer, der keusch lebt, zu allen seinen
Heiligen betet, reichlich Opfergaben darbringt und schwer sich sein Leben
verdienen muss, von den gottlosen Grundherren, die alles verprassen und dem
Teufel in den Rachen werfen, bis aufs Blut aussaugen zu lassen?! Wir dürfen es
nicht! Drum lehnt euch auf ihr guten Leute! Die
Flamme der Empörung wird diese Schande hinweg brennen!“ So sprach er, und
die Anhänger der moderaten Partei liefen scharenweise zu den Radikalen über.
Doch ein kleiner Teil blieb dennoch ihrer Sache treu.
Das Bier floss reichlich an jenem Frühjahrsabend und beinahe
wäre es noch zu einer handfesten Kabbelei zwischen den beiden Parteien
gekommen. Nur der vermittelnden Rede eines Kapuzinerpaters war es zu verdanken,
dass den herben Worten keine ebensolchen Taten folgten. Man schickte die
wenigen Unterländer Bauern, die nicht zu den Waffen greifen wollten heim auf
ihre Höfe. Die anderen blieben zu Rankweil und die Pläne wurden nun endgültig
geschmiedet. Es war beschlossene Sache, die Bauern aus dem ganzen Lande sollten
am kommenden Freitag nach vollbrachtem Tagwerk, sich auf den öffentlichen
Plätzen der Orte sammeln, sich mit Feuer, Spaten und Heugabeln bewaffnen und
gemeinsam die Burgen der Zwingherren stürmen und jene mit Geschrei und viel
Tamtam zum Teufel jagen.
Die Woche brach an und ohne, dass ein Sterbenswörtchen zur
Obrigkeit durchdrang, schien alles den gewohnten Gang zu gehen. Die Bauern
schienen noch schwerer zu schwitzen als sonst. Fast glaubte man, sie wäre mit
dem Teufel im Bunde, denn eine geheimnisvolle Kraft schien sich ihrer
bemächtigt und sie mit Kräften ausgestattet zu haben, die manchem gar
unheimlich erschienen. Ein frommer Heiliger aus dem fernen Irland wanderte in
jenen Tagen durch den schönen Walgau und als er gerade unterhalb der Burg
Jagdberg, fromm betend im Wald sich hingekniet hatte, erschien ihm der Erzengel
Michael und teilte ihm die üblen Pläne er örtlichen Bauern mit. Sogleich sprang
der fromme Fremdling auf und eilte schnurstracks auf den Hügel zur Burg hinauf,
um den dortigen Burgherrn vor dem bevorstehenden Übel zu warnen. Dieser jedoch
jagte den guten Mann mit einem Fußtritt von seinem Hof und wäre der Heilige
nicht dank seiner Frömmigkeit (und des vielen Fastens) so leichtfüßig gewesen,
so hätten ihn die wilden Hunde des Burgherrn zu fassen bekommen. Doch der gute
Ire ließ sich nicht beirren, musste man doch als frommer Heiliger gute Werke
vollbringen, und so eilte er auf die andere Talseite zur Burg Ramschwag. Doch
auch dort, ebenso wie auf Blumenegg, war die Spitze eines Stiefels noch das
Mindeste, das er zu spüren bekam. So konnte der Heilige kein gutes Werk vollbringen,
zog sich in eine Höhle oberhalb von Bludenz zurück und wollte von dort aus das
Kommende beobachten.
Der Freitag kam mit Riesenschritten und als es drei Uhr nachmittags
vorbei war und nach dem Gedenken an den Heiland, da die Bauern ihr Tagwerk
beendet hatten, sammelten sie sich auf den Gemeindeplätzen allerorts. Ganz wild
war es in Frastanz, wo Pfarrer Wasserträger, seine Leute in der Pfarrkirche
selbst antreten ließ, sie dort, wenn nötig bewaffnete, und ihnen letzte
Instruktionen gab. Der gute Pfarrer ließ sogar das Fleischverbot am Freitag
unter den Tisch fallen und verteilte eben höchstpersönlich Kraftsuppe und
Fleisch an seine wackeren Kämpfer, damit sie auch genug Kraft hätten, das vom
Himmel gewollte Werk zu vollenden. „Gott will es!“ schrie der Geistliche,
voller heißem Enthusiasmus, von der Kanzel herab und versprach Vergebung aller
Sünden für jeden, der am Kampf teilnahm. Er selbst führte die Frastanzer Bauern
mit Weihwasser und Kreuz bewaffnet gegen die Zwingherren an.
Als es am zunachten war, stürmten nun im ganzen Land zur
selben Zeit die Bauern die Burgen und steckten alles in Brand, was auch nur irgendwie
zum Brennen zu bringen war. Wie zu Zeiten, als Nero Rom nieder brannte, sah es
aus, nur noch viel heller, so schien es, war der Nachthimmel erleuchtet vom
Schein der lodernden Feuer, die sich nun überall auf den Anhöhen erhoben. In
Tosters wurde der alte Burgherr mit samt seinen fünf Frauen den Hügel hinunter
nach Sankt Corneli und dann über die Egg hinüber ins Liechtensteinische gejagt.
Man ließ ihm außer dem dünnen Nachtgewand, das er am Leib trug, nur das nackte
Leben. Und auch dieses konnte er nur mit knapper Müh’ und Not retten.
Völlig überrascht und deshalb unvorbereitete wurden die
Burgleute aus ihren Behausungen getrieben und die meisten Wehrbauten wurden im
Anschluss daran zu Ruinen. Die Bauern hatten so ihre rechte Freude mit ihrer
Tat und feierten, was das Zeug hielt. Meist machte man sich nicht die Mühle in
den Ort zurück zu kehren, sondern fraß sich satt an den Köstlichkeiten, die auf
den Burgen erbeutet wurden. Das Bier und der süße Wein flossen in Strömen in
die ausgetrockneten rauen Kehlen der Bauersleute. So kam es, dass die meisten
Bauern über das ganze Wochenende auf dem Burgruinen verweilten und aus dem
Feiern gar nicht mehr herauskamen. Sage und schreibe drei Tage lang wurden
Orgien gefeiert, die wilder waren, als alles, was man je in dieser Gegend gesehen
oder gehört hatte. Erst als alles verzehrt und jedes Fass geleert worden war,
torkelten die glücklichen Bauern wieder zu ihren Gehöften ins Tal hinunter.
Als die tapferen „Krieger“ wieder auf ihren Höfen ankamen
und von ihren Heldentaten berichten konnten, waren die Frauen über die Tat
ihrer Männer derart entzückt, dass sie ihnen besondere Küachle buken. Von
dieser Zeit an wurden am ersten Sonntag in der Fastenzeit zum Gedenken an
dieses glorreiche Ereignis Küachle gebacken. Dieser Brauch hat sich bis heute,
zur Freude aller, erhalten.
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